Nicht-medikamentöse Therapieformen bei Menschen mit Demenz

Einleitung

Neben medikamentösen Behandlungen gibt es eine Reihe unterstützender Therapieformen, die im Wesentlichen darauf ausgerichtet sind Menschen mit Demenz geistig, körperlich und emotional zu fördern. Die verschiedenen Therapieformen werden im Folgenden in Hinblick auf ihre Nutzung im Alltag dargestellt.

Erinnerungsarbeit

Was ist das? Für hochbetagte und verwirrte Menschen ist es schwer, Neues aufzunehmen. Mit Erinnerungsarbeit lässt sich über vertraute Tätigkeiten, Geschichten und Melodien an Vergangenes anknüpfen. Erinnerungsarbeit ist die individualisierte Ansprache und Zuwendung über die Sinne - möglichst mit einer Vielfalt von Reizen, die geeignet sind, verbliebene Erinnerungsfähigkeiten spielerisch und ohne Leistungsdruck zu aktivieren und aufzugreifen.
Wie wirkt sie? Langzurückliegende Erinnerungen bleiben recht lange erhalten und können helfen, den Alltag zu bewältigen. Die Orientierung auf positive Erinnerungen kann die Lebenszufriedenheit des Betroffenen erhöhen. Die Pflege der Erinnerungen ermöglicht den älteren Menschen, sich als kompetent, sozial integriert und aktiv zu erleben.
Was kann man tun? Zuhause bietet sich das Ansehen von Fotos aus früheren Zeiten an, die für den Betroffenen mit positiven Erinnerungen behaftet sind. Auch durch das Anhören altbekannter Musikstücke sowie durch die Zubereitung vertrauter Speisen oder die Darbietung bekannter Gerüche können Erinnerungen geweckt werden.

Ergotherapie

Was ist das? Ergotherapie ist eine Behandlungsform, die durch sinnvolle Beschäftigung und Arbeit helfen soll, die Folgen einer Krankheit zu überwinden, die Selbstständigkeit des Betroffenen zu fördern und ihn an das Alltagsleben heranzuführen. Ergotherapie umfasst Beschäftigungstherapie und Arbeitstherapie.
Wie wirkt sie? Bei Demenzerkrankungen geht es vorrangig darum, erhaltene Fähigkeiten so lange wie möglich zu erhalten. Darum sollte die Ergotherapie auf die Bedürfnisse des Erkrankten abgestimmt sein. Die Beschäftigungsmöglichkeiten sind vielfältig, zum Beispiel bieten sich Handarbeiten, Küchenarbeiten oder handwerkliche Arbeiten an.
Was kann man tun? Zu Hause bieten sich Tätigkeiten des täglichen Lebens an, um die Selbstständigkeit so lange es geht zu erhalten. Im Haushalt könnte dies Kaffee kochen, Betten machen, Bügeln, Staubwischen usw. bedeuten.

Milieutherapie

Was ist das? Experten nehmen an, dass viele der zu beobachtenden emotionalen Störungen und Verhaltensprobleme auch durch Umgebungseinflüsse, d.h. durch ein nicht der Krankheit angemessen gestaltetes soziales und physisches Milieu mit verursacht werden. Zu den auftretenden Störungen bzw. Problemen gehören z.B. Angst, Unruhe, Wandern, Katastrophenreaktionen, aber auch Depressivität und Aggressivität. Bei der Milieutherapie wird das Umfeld, in dem der Betroffene lebt, positiv verändert.
Wie wirkt sie? Die Milieutherapie erleichtert dem Betroffenen die Wahrnehmung und Orientierung. Zum Beispiel fördern hell erleuchtete, schattenarme Räume oder die gezielte Farbgestaltung mit satten, warmen und hellen Farben die Wahrnehmung und das Wohlbefinden. Auch erleichtern offene Räume wie zum Beispiel Wohnküchen oder offene Regale dem Kranken sich zurechtzufinden.
Was kann man tun? Neben den genannten Anregungen sollte man zu Hause auch auf Gefahrenquellen achten und diese mindern. Zu den Maßnahmen, die die Umgebung an die Bedürfnisse des Betroffenen anpassen, kann zum Beispiel auch gehören, einen freien Bewegungsraum zu schaffen, in welchem der Betroffene vor Verletzungsgefahren möglichst sicher ist und der seinem Bewegungsdrang entgegenkommt (z.B. ein Garten für Menschen mit Demenz).

Validation

Was ist das? Das Konzept der Validation legt den Schwerpunkt weniger auf die objektive Realität, sondern vielmehr auf die subjektive, gefühlsbetonte Welt des Betroffenen. Validieren bedeutet, die Realität des Menschen mit Demenz anzunehmen, seine aktuellen Gefühle und Verhaltensweisen "für gültig zu erklären" und wertzuschätzen. Die auf den ersten Blick zumeist wirr erscheinende Welt hat eine subjektive Bedeutung, die wir versuchen können, nachzuvollziehen, was uns natürlich nicht immer gelingt.
Wie wirkt sie? Validation versucht den Menschen mit Demenz trotz aller zunehmenden Veränderungen grundsätzlich ernst zu nehmen. Das steigert das Selbstwertgefühl des Betroffenen. Darum orientiert sich Validation stets am aktuell gezeigten Gefühl des Betroffenen.
Was kann man tun? Sprechen Sie die Gefühle, die der Erkrankte äußert, an. Stellen Sie bei Bedarf nur einfache Fragen, keine Warum-Fragen. Für die Kommunikation bieten sich oft Elemente aus der Biographie wie Kindheit und Familie an.

Selbst-Erhaltungs-Therapie

Was ist das? Die Selbst-Erhaltungs-Therapie (SET) richtet sich auf einen zentralen Aspekt der Demenz, in dem diese Therapieform die Erhaltung der Persönlichkeit, die durch den Krankheitsprozess gefährdet ist, anstrebt. Selbst-Erhaltungs-Therapie knüpft gezielt an die individuell noch vorhandenen Kompetenzen an und ermöglicht so Erfolgserlebnisse. Denn jeder Betroffene verfügt über Erinnerungen, Interessen und Fähigkeiten, die sich lebenslang entwickelt haben und die zu seiner Person, zu seinem Selbst gehören. Diese Stärken und Fähigkeiten gilt es kennen zu lernen und zu fördern.
Wie wirkt sie? Mit dieser Methode können Situationen vermieden werden, die das Selbstverständnis des Kranken irritieren und Scham, Depressionen und Aggressionen hervorrufen.
Was kann man tun? Entdecken Sie die Stärken und Vorlieben des Erkrankten und arbeiten Sie an ihnen, das kann heißen: musizieren, erzählen, malen oder kochen Sie mit ihm.

Kunsttherapie/Musiktherapie

Was ist das? Zu den Therapieverfahren, die sich bewusst und gezielt auf die Emotionalität und Kreativität bei Menschen mit Demenz beziehen, zählen Musik- und Kunsttherapie. Erkrankte, denen andere Wege der Kommunikation nur noch begrenzt zur Verfügung stehen, sollen Gelegenheit erhalten, durch Singen oder andere künstlerische Aktivitäten Gefühle zu erleben oder wieder zu erleben.
Wie wirken sie? Zum Beispiel können durch das Anhören von Musik oder dem Ansehen von Bildern die unterschiedlichsten Gefühle freigesetzt werden, an die dann therapeutisch angeknüpft werden kann.
Was kann man tun? Vertraute Musikstücke, Fotos und Bilder, aber zum Beispiel auch das Selbstgestalten von Bildern – immer orientiert an den Ambitionen und Fähigkeiten des Betroffenen - könnten sich anbieten.

Verhaltenstherapie

Was ist das? Ein wichtiges Element der Verhaltenstherapie ist die Technik des Verhaltensaufbaus und –abbaus vor allem durch positive Anreize ("Belohnungen"). Es wird eine Verhaltensänderung ermöglicht ohne die aktive Mitarbeit des Betroffenen.
Wie wirkt es? Diese Therapie wird in "klassischen" Problemsituationen wirksam, zum Beispiel zum Abbau von störendem Sozialverhalten. Für die Umwelt ist das Verhalten eines Menschen mit Demenz nicht immer nachvollziehbar und kann störend wirken. Mit Verhaltenstherapie kann weiterhin eine größere Selbständigkeit erreicht werden zum Beispiel beim Baden oder Anziehen.
Was kann man tun? Sehr hilfreich ist es, die alltäglichen Handlungen zu "ritualisieren", d.h. z.B. beim Baden oder Anziehen zu versuchen immer die gleiche Reihenfolge der Handlungen beizubehalten und nacheinander vorzunehmen. Durch das tägliche Einüben der immer gleichen Vorgänge, können diese Handlungen länger erinnerbar bleiben.

Basale Stimulation

Was ist das? Im Vordergrund der basalen Stimulation stehen die positiven Möglichkeiten eines Menschen, nicht seine Defekte und Defizite. Basale Stimulation ist der Versuch, sich der Lebenssituation eines kranken Menschen anzupassen und ihm für diese aktuelle Lebenssituation geeignete Wahrnehmungs-, Bewegungs- und Kommunikationsangebote zu machen.
Wie wirkt sie? Es wird versucht, Betroffene in schwierigen subjektiven Situationen, die durch Stress, hohe emotionale Belastung wie Angst oder Unruhe gekennzeichnet sind, eine Orientierung über den eigenen Körper und seine vorhandenen Möglichkeiten zu geben. Dies geschieht durch die Anregung von Grundbedürfnissen, z.B. nach Ruhe, Wärme, Gestreichelt werden.
Was kann man tun? Der Betroffene ist fähig, in unmittelbarer Nähe mit anderen Menschen "basal" zu kommunizieren. Durch gezielten Körperkontakt (z.B. Arm auf die Schulter legen) können Reize und Signale (Sicherheit, Geborgenheit) gegeben werden.

Gedächtnistraining

Was ist das? Gedächtnistraining ist die gezielte Übung von Gedächtnisleistung durch Fragespiele, Kreuzworträtsel oder andere Hirnleistungsübungen. Für den Alzheimer-Kranken stellen solche Übungen vielfach eine Überforderung dar und sollten daher eher vermieden werden. Sinnvoller sind einfache Übungen, die zudem auch Spaß machen sollen.
Wie wirkt es? Einfache Denkübungen regen die "grauen Zellen" an, überfordern aber nicht. Auf keinen Fall soll hierbei eine Stresssituation entstehen.
Was kann man tun? Zum Beispiel auf Gegenstände zeigen und sie benennen lassen, Assoziationen austauschen.

Wichtig ist: Begreifen Sie die genannten Maßnahmen als Anregung für eine individuell, der Situation und Tagesform erforderlichen Hilfe des Betroffenen .